Das Curriculum ist verpflichtend für…

  • • die Prüfung zum Facharzt für Allgemeinmedizin
  • • die Prüfung zum Facharzt Frauenheilkunde und Geburtshilfe
  • • die Teilnahme am Hausarztvertrag (Krankenkassen)
  • • die Abrechnung von Akupunkturleistungen
  • • die Durchführung der speziellen Schmerztherapie
  • • die Zulassung zur in-vitro-Fertilisation
  • • die Zulassung als Brustzentrum

Das Curriculum Psychosomatische Grundversorgung ist Voraussetzung für die Abrechnung der EBM-Ziffern 35100 + 35110 (gilt für alle klinischen Fachbereiche).


Ausbildungsziele

Ziele auf Seiten des Arztes:

  • größere Gelassenheit im Umgang mit den z. T. als schwierig empfundenen Patienten entwickeln
  • größere Kompetenz und damit größere Sicherheit bei der Stellung psychosomatischer (Ko-)Diagnosen
  • mehr Kompetenz in Bezug auf die Versorgungsstrukturen für diese Patientengruppe und daher die Vermittlung dieser Patienten
  • die Möglichkeit, diese Patienten bis zu einem gewissen Punkt selber psychosomatisch/psychotherapeutisch zu versorgen
  • größere Zufriedenheit bei der Berufsausübung
  • weniger Angst, weniger negative Gefühle und daher weniger Stress im Umgang mit diesen Patienten
  • Entlastung durch größere diagnostische Sicherheit, ggf. auch beim Erkennen schwerst beeinträchtigter und daher – zumindest im ambulanten Rahmen – kaum behandelbarer Patienten

Ziele auf Seiten des Patienten:

  • sich beim Arzt verstanden und sicher fühlen
  • ein psychosomatisches Krankheitskonzept als nutzbringend verstehen
  • Vertrauen fassen und halten, daher größere Bereitschaft zur Compliance, auch bei Maßnahmen und Veranlassungen, die nicht primär gewünscht waren
  • somit weniger Arztwechsel initiieren
  • (insbesondere bei funktionellen und chronischen Syndromen) mehr Bereitschaft zur Selbsthilfe und Hilfe von Innen entwickeln, dadurch partielle Emanzipation vom Medizinsystem
  • ggf. die Empfehlung zu einer weiterführenden ambulanten oder stationären Psychotherapie im engeren Sinne annehmen können

Inhalte

Ebenso wie bei den Wochenend-Seminaren hat die AIM auch bei der Konzeption des Curriculums Psychosomatische Grundversorgung für die ReiseSeminare besonderen Wert auf praktisches Handlungswissen gelegt, das die tägliche Arbeit mit psychisch belasteten Patienten erleichtert. Besondere Bedeutung kommt dabei der Vermittlung von Gesprächskompetenz zu.

Dies stellt keine Kurzversion psychotherapeutischer Interventionen dar, sondern kommt der sinnvollen Forderung der Psychotherapierichtlinien nach, eine eigenständige, an den Patienten angepasste Gesprächs- und Therapieform darzustellen. Die Wichtigkeit dieses Teils der Psychosomatik Weiterbildung spiegelt sich auch in den insgesamt 30 Stunden für „Verbale Intervention“ wieder. Zu unserem Curriculum gehören auch Fallvorstellungen und die Arbeit an Fallvignetten.

Details können Sie aus dem Musterkursbuch der Bundesärztekammer für Psychosomatische Grundversorgung unter Punkt 3.3. finden. Musterkursbuch (PDF) »


Inhaltliche Schwerpunkte

Mit besonderem Schwerpunkt – und teilweise stellvertretend für ähnliche Syndrome – werden u. a. die folgenden Beschwerdebereiche behandelt:

  • Schmerzstörungen

  • somatoforme ('funktionelle') Erkrankungen

  • Störungen bei der Krankheitsbewältigung (z.B. beim Tinnitus)

  • Essstörungen und Adipositas

  • Stressfolgestörungen (z.B. Posttraumastörungen)

  • Seltene und 'neue' Krankheitsbilder (z.B. 'Multiple Chemical Sensitivity')

  • Angsterkrankungen und depressive Erkrankungen

Insgesamt vermitteln wir in der Seminarwoche eine Krankheitskonzeption, in der die Frage nach der Psychogenese der Symptome im Sinne eines Primats der psychischen Belastung oder des Konflikts eher offen gelassen werden kann, bis der Zusammenhang geklärt ist.

In dieser Konzeption genügt es, von einer psychosomatischen Überlagerung mit einem erkennbaren oder zu vermutenden primären oder sekundären Krankheitsgewinn auszugehen.


Verbale Interventionen

Die Vermittlung von Gesprächskompetenz geschieht in einem zweistufigen Vorgehen.

Unterrichtung in verbaler Basistherapie.
Die Teilnehmer erwerben eine grundlegende Gesprächskompetenz, die sich u. a. durch folgende Skills auszeichnet:

  • Fähigkeit zum aktiven Zuhören
  • zielgerichtetes Spiegeln
  • Aufklärung von Motiven und Ängsten
  • Klarifikation von Affekten
  • Motivation des Patienten zur Annahme eines psychosomatischen Krankheitsmodells
  • Motivation des Patienten zu mehr Eigenverantwortung in der Bewältigung der Erkrankung

Die Arzt-Patient-Beziehung in der Selbstreflektion.

Für einen nutzbringenden Kontakt mit Patienten mit psychosomatisch überlagerten Erkrankungen sind an anderer Stelle bewährte, ökonomische Verhaltensweisen nachteilig.

Dazu zählen eine steile Arzt-Patient-Hierarchie einschließlich einer möglicherweise unbewusst unterstützten Idealisierung des Arztes, eine paternalistische Haltung und ein fester Glaube an ein Primat des aufzuklärenden Gewebeschadens. Der Arzt darf und muss sich gegenüber dem Patienten zurücknehmen können, er sollte überzeugt sein, nicht viel mehr zu wissen als der Patient und die Grundüberzeugung haben, mit diesem kleinen Wissensvorsprung –auszukommen, der sich eher als Vorsprung in kommunikativen Fertigkeiten äußert.

Es ist ein Ziel der Weiterbildung, diese Zuversicht zu vermitteln!

Das Interaktionsverhalten des Arztes im Kontakt mit schwierigen, psychosomatisch-überlagert erkrankten Patienten soll dadurch verbessert werden, dass der Arzt dem Patienten sicherer und dadurch angstfreier gegenübertreten kann. Die Angstfreiheit ermöglicht es, auf sicherheitgebende, aber bei psychosomatischen Patienten ungünstige Rituale wie eine patriarchale ärztliche Haltung und das Wecken positiver, aber schwer einlösbarer Erwartungen, zu verzichten.

Sie sollten Ihre Berufsausübung als befriedigender wahrnehmen können, damit einem vorzeitigen Burnout entgegenwirken und Ihre Berufspraxis als weniger anstrengend erleben als ohne diese zusätzlichen Kompetenzen.


Balint Gruppenarbeit

Das wichtigste methodische Element der Balint-Gruppen-Arbeit ist der freie Bericht über ein Fallbeispiel. Die Gruppe untersucht dann gemeinsam im freien kollegialen Gespräch, in freier Assoziation und Fantasie die daraus erkennbare Arzt-Patient-Beziehung. „Unser Hauptziel war die möglichst gründliche Untersuchung der ständig wechselnden Arzt-Patient-Beziehung, das heißt das Studium der Pharmakologie der Droge 'Arzt' “, erklärte Balint. Er verglich also die Wirksamkeit des Arztes mit einem Arzneimittel, das erwünschte und unerwünschte Wirkungen haben kann.

Dem Konzept liegt das psychodynamische Krankheitsverständnis der Psychoanalyse zugrunde. Danach wird die Aufmerksamkeit besonders auf die Phänomene der Übertragung, Gegenübertragung, Regression, Agieren, Verschieben, Abspalten, Kontraphobische Abwehr oder Reaktionsbildung gerichtet. Zentrale Fragen sind also: Was macht der Arzt mit dem Patienten? Was macht der Patient mit dem Arzt? Welche Gefühle löst er in ihm (und in den übrigen Gruppenteilnehmern) aus?

Ziel ist es, mit Hilfe der Balint- Gruppenarbeit die Arzt-Patient-Beziehung und die Praxis der Beziehungsgestaltung therapeutischer und helfender Berufe zu fördern, sowie die eigene Einstellung bzw. Haltung in der Beziehung zu untersuchen.